Das erste Segeln unserer Kanalzeit erwartet uns. Auf dem See mit dem wohlklingenden Namen ‚Roxen‘. Phonetisch zumindest nah dran am Songtitel von ‘The Police’, finden wir. Er beginnt zwar recht schmal (der See, nicht der Song!), öffnet sich aber nach Westen hin, um in einem großen Becken zu enden. Zunächst gilt es jedoch noch eine Niveauschleuse und eine Eisenbahnbrücke zu passieren. Dann kurze Verwirrung ob der roten Tonne in der Seeausfahrt. Die liegt irgendwie seltsam nah an dem vermutlich flachen Bereich. Also einfach ganz nah und langsam passieren. Danach versuchen wir uns schon einmal im Segeln, geben jedoch wegen der in Richtung und Stärke sehr unbeständigen Winde wieder auf. Erst als der offenere Bereich des Sees beginnt, stoppen wir dank aufkommender Segelbrise das Grenzflächenmoped und gehen auf Kreuzkurs. Was bewundernde Blicke und vielleicht auch ein wenig Bedauern von Seiten der weniger wendigen ‚Gas Pirate(n)‘ hervorruft, die uns kurz vor einer Wende sehr dicht passieren. Wunderbares Segelwetter begleitet uns für den Nachmittag. Während die Kreuzschläge immer größer werden können, nimmt die Brise kontinuierlich ab, bis wir ziemlich in der Mitte des westlichen Beckens schliesslich parken. So mancher Nordrheinwestfale muss auf einem Baggerloch segeln gehen und die Kanalpassanten bügeln hier einfach so motorend durch ein 1a Revier.
Heute geht es eh nicht mehr sehr weit, die Zeit ist schon fortgeschritten und als Nächstes steht die zeitaufwändige Treppe in Berg auf dem Programm. Also warten wir dümpelnd ab, was wohl passiert. Und was hält so ein Binnensee nach der Windstille für den fremden Seesegler wohl bereit? Natürlich: Eine Gewitterwolke mit starken Böen. Die Wand kommt auf uns zu und die Windkante ist deutlich zu sehen. Richtig schlimm sieht es wiederum dahinter nicht aus. Und lange dauern wird es auch nicht. Also schnell die Genua runter und die ersten kräftigen Drücker nur unter Groß abwettern. Als der erste Ansturm vorbei ist, geht in der noch immer ordentlichen Brise wieder die Genua hoch – trotz anfänglich starker Krängung. Denn wahrscheinlich warten sehr flaue Bedingungen hinter der Wolke und motoren wollen wir heute auf keinen Fall mehr. Diese Rechnung geht glücklicherweise auf. Und in der Abendsonne trocknen die paar wenigen Regentropfen auch schnell wieder. Keine Rose ohne Dornen: Die Sonne steht genau hinter der Schleusentreppe und so fallen Fotos aus der Ferne leider aus.
Die Hecktonnen im Gästehafen scheinen gekentert zu sein, jedenfalls hängt oben nur die Kette heraus. Umgedreht bekomme ich sie leider auch nicht, so knöpere ich die Heckleine direkt durch die Kette. Dann Vorwärtsgang rein, Gas geben und hoffen, dass sie doppelt genommen immer noch lang genug ist. Ist sie. Fast. Es bleibt eine gehörige Distanz zum extrem hoch liegenden Steg. Also Mut zusammen und springen. Ich lande sicher, Glück gehabt. Mithilfe der Vorleine hole ich die ‚EigenArt‘ auf halbwegs verträglichen Abstand heran. Es gehört aber immer noch Überwindung dazu, vom Steg herunter auf den schmalen Bugkorb zu steigen. Kaum sind wir fest, löchert mich ein Thüringer mit Fragen zur ‚EigenArt‘, denn er ist auf der Suche nach einem kleinen bezahlbaren Seekreuzer. Ich lege ihm die Tequila ans Herz. Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei ihr einfach unschlagbar.
Nach dem Abendessen bringen wir Helene zu Bett und die ‚Stasi‘ in Anschlag, um uns die Schleusentreppe anzuschauen – morgen werden wir zu stark eingespannt sein. Oben entdecken wir bereits die ‚Atacama‘. Noch spät abends in der einsetzenden Dunkelheit wird ein Ausflugsschiff an uns vorbei die Treppe hochgeschleust. Die Stimmung an Bord scheint ausgelassen zu sein und erneut wird die schwedische Wertschätzung des Gitarren-Alleinunterhalters deutlich. Finde ich schön, dass handgemachte Musik hier so häufig auch wirklich angenommen wird. Denn das Publikum tanzt, klatscht und singt mit. Da eröffnet sich doch glatt eine berufliche Perspektive 😉