…fragt sich nicht nur Helene. Schliesslich ist Kleidung unsere zweite Haut und dementsprechend wichtig.
Meine Mutter erzählt gerne eine Geschichte zum Thema Segelbekleidung: Im Club, in dem sie in den 60ern in Berlin segelte, gab es einen wundervoll klar-lackierten Klassiker (ob man das in den 60ern überhaupt schon so nannte?). Eines Tages trennte sich der Eigner von dem guten Stück – nicht ahnend, was kurz darauf passierte. Denn die erste Tat der offensichtlich sehr mode-bewussten Käuferin hätte ihn sicherlich vom Verkauf zurückschrecken lassen: Sie ließ die samtig-schimmernden Holzplanken der alten Dame neu lackieren – in der Farbe ihres Segelanzugs! So wichtig war ihr der Fummel…
Zum Thema Lack und Bekleidung kann ich seit letztem Jahr auch eine Geschichte besteuern: Die Stunden, die ich schleifend, klebend, laminierend, spachtelnd, wieder schleifend und schliesslich lackierend in unserem Cockpit verbracht habe, lassen so manche moderne Serienwerft vor Neid erblassen. Mit dem Erfolg, dass unser schwimmender Balkon endlich wieder wohnlich anmutete – gerade rechtzeitig für unseren ausgedehnten Törn. Und was passiert noch in der ersten Woche der Reise? Na klar: Mit den Knöpfen der Gesäßtasche meiner (Nicht-Segel-)Hose ziehe ich eine satte Furche bis tief in den Primer. So wichtig ist die passende Wahl der Kleidung…
Na ja, wir sind ja sowieso keine Verfechter des Bordschuhzwangs, dem so viele passionierte Yachtpflegeprodukteabhängige verfallen sind – Kratzer sind bei uns also vorprogrammiert. Aber auch aus anderen Gründen stand für mich der Kauf einer neuen Hose zum Segeln auf dem Plan. Vor dem soeben geschilderten Vorfall, trug ich an Bord grundsätzlich eine Trekkinghose aus grauer Vorzeit – mittlerweile zwar ein wenig zu kurz entlang des Äquators, aber schön flexibel und vor allem schnell trocknend. Doch auch alles Hochsynthetische muss einmal das Zeitliche segnen. So was in der Richtung wollte ich wieder haben.
Sonst ist mein Beuteschema ja überhaupt nicht auf segelspezifische Devotionalien fixiert. Aber als ich bei 12seemeilen.de in der Kategorie Segelhosen stöberte, überkam es mich: “Du gönnst Dir jetzt mal was! Sowas Richtiges! Was mit Qualität! Da darf jetzt auch mal ‘Musto’ draufstehen…” Wenige Tage später trudelte eine schwarze ‘Evolution Performance’ ins Haus – sofern ein Karton denn trudeln kann. Ich schlüpfe in die Hose und bin endlich angekommen – genau das ist meine Hose. Die ziehe ich gar nicht mehr aus! Wie doof, das noch Winter ist. Kurz überlege ich, ob ich nicht vielleicht das Ausreiten meines Bürostuhls als Rechtfertigung missbrauchen kann, sie schon mal anzuziehen.
Nun ist eine Segelsaison vorübergezogen (leider weitgehend an mir alter Schreibtischpflanze vorbei – aber das ist ein anderes Thema) und ich konnte sie immerhin bei verschiedenen Gelegenheiten ausprobieren. Meinen Erwartungen wurde sie wirklich gerecht:
- schnell trocknend – Das kennt ja nun jeder Segler: Einmal nicht aufgepasst und schon ist der Prosecco – äh, das Spritzwasser – auf der Hose. Als Fahrtensegler freut man sich einfach, wenn nicht gleich ein Hosenwechsel bzw. das Ölzeug fällig ist, nur weil es grad mal ein bisschen ruppiger wird. “Da hinten wird`s ja schon wieder weniger…” – wird es natürlich nicht! Aber nach dem nassen Wechsel aufs kleinere Vorsegel ist immerhin die Hose 1-fix-3 wieder trocken!
- leicht und bequem – Fahrtensegeln ist eine überwiegend sitzende Tätigkeit, selbst im Hafen! Die weitere Familienplanung ist sehr viel entspannter und kostengünstiger, wenn es nicht allzu sehr kneift und drückt im Schritt. Zum sportlichen Ausgleich gibt es dann ja noch die Fussmärsche zu entlegensten Proviantierungsstellen – auf Samsø bin ich letztes Jahr insgesamt 3 Stunden zum Brugsen hin und zurück gelaufen. Wenn ich da schon diese Hose gehabt hätte – selten so ein fluffiges Gefühl erlebt: Die Hose geht im wahrsten Sinne des Wortes mit!
- widerstandsfähig – Dass Anti-Rutsch-Beläge bzw. -Prägungen eines Bootsdecks ein wahrer Hosenfresser sind, braucht man eigentlich nicht zu erwähnen. Gerne latscht man auch hinten auf den Saum – der ist hier, genau wie der Boden, vorsorglich mit Cordura verstärkt!
- gut klimatisierend – Im Frühsommer auf der Ostsee im Cockpit sitzen ist manchmal wie im Eisschrank Karten spielen – nur mit besserer Aussicht. Scherz beiseite: Auf einem Törn auf der ‘Loth Lorien’ im Mai hatte ich meine Ölzeugjacke an, obwohl schönster Sonnenschein herrschte und an Land alle im dünnen Sweater unterwegs waren. Mit jeder meiner anderen Hosen hätte ich entweder an Land geschwitzt oder an Deck gefroren.
- große Taschen – Bei mir ist der Cargo-Look der späten Neunziger nur aufgesetzt gewesen – in den ‘ach so praktischen’ Seitentaschen habe ich meiner Erinnerung nach NIEMALS etwas verstaut – das schlackert eh nur rum. Die Taschen am Gesäß fallen sowieso aus – ist mir unklar, wie man da freiwillig etwas reinpacken kann. Die einzigen Hosentaschen für mich sind und bleiben die für die Hände im Schritt ;-). Und die sind in dieser Hose nahezu unbegrenzt gross – Hammer!
Nun hoffe ich, die Hose wird sich genauso gut halten, wie mein ‘Dickies’ – einer meiner meistgeschleppten Lieblings-Pullis: Der geht bald in sein siebzehntes(!) Jahr und zeigt langsam etwas deutlichere Gebrauchsspuren…