Archiv des Autors: Daniel Stolzenberg

Lappologie

Früher war das Segelleben so schön einfach: Wir hatten einen Siff-Lappen. Und dieser Siff-Lappen wurde für alles verwendet: Cockpit abwischen, die Pütz für den bequemen Sitz bei den  besonderen Bedürfnissen abtrocknen, die Haare und Brotkrümel vom Kajütboden sammeln. Das Übliche halt. Besonders sauber ist das Bootsleben auf 24 Fuss ja auch nicht – es zählen andere Dinge als Reinlichkeit. Dann hatten wir zwei Siff-Lappen, damit einer immer weitgehend trocken sein konnte. Ist ja auch sinnvoll. Aber damit war einer unglaublichen Entwicklung Tür und Tor geöffnet, deren Endstadium man dem Bild entnehmen kann. Es sind im Übrigen längst nicht alle unsere Lappen zu sehen, denn für Helenes Hygiene kommt ja noch einiges hinzu. Wirklich alarmierend ist die Tatsache, dass der eigentliche Siff-Lappen auf einmal unbemerkt weg ist UND MIR TATSÄCHLICH FEHLT!!!

Mit Südwind nach Norden

Dieser Blogartikel könnte auch überschrieben sein mit: “Warum haben wir bloß den Spinnaker zu Hause gelassen?” Lini sagte noch vor zwei Tagen: “Die Spi-Tage kann man doch sowieso an einer Hand abzählen.” Gestern präzisierte sie: “Es bleibt uns nur noch ein Tag!” Die Antwort auf die eingehend gestellte Frage schmeckt auch immer schaler: “Wir haben keinen Platz um den Spibaum bei Starkwind sicher zu verstauen!” Letztes Jahr ist mir nämlich bei einem stürmischen Ritt vom Darßer Ort nach Rostock mehrfach der Spibaum klöternd um die Ohren geflogen, der parallel am Mast hochgezogen war. Derweil hockte Lini über Stunden unten mit der neugeborenen Helene und hat gestillt, gewickelt und geschmust – bei 30° Lage, schmetternden Aufschlägen der Bugsektion und allgemeinem Schwerwetterbegleiterscheinungen. Aber ich schweife nicht nur zeitlich, sondern auch thematisch ab. Weiterlesen

Erbsen zählen

Das verabredete Klopfen des norwegischen Nachbarn fällt unüberhörbar aus. Dafür hat er sich aber wirklich bis zum letzten Augenblick Zeit genommen: Es ist schon 4 Uhr und bevor ich draussen bin springt seine Maschine an und die Festmacher werden losgeworfen. Unser Plan ist es, kurz seine Mooringleine zu übernehmen, im Schleichschritt alle notwendigen Vorbereitungen an Deck zu treffen und ‘Knöpfchen’ möglichst weiterschlafen zu lassen – mindestens bis wir draussen sind und die Segel hochgehen. Das Wetter scheint noch angenehm zu sein – die Sonne geht sichtbar in Richtung unseres Ziels auf und der Wind ist kaum wahrnehmbar. So entscheiden wir uns für die große Genua und binden los. Der japanische Knatterfrosch schiebt uns durch die so lange für uns verschlossene Hafeneinfahrt auf die Ostsee hinaus. Endlich fällt  die Hafenfäule von uns ab. Und wenn es nur für lumpige 13 Seemeilen ist.

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Abhängen

In Allinge hat uns das erste Mal auf diesem Törn regelrecht die Hafenfäule erwischt. Eingeweht. Abhängen. Laut Vorhersage bis Freitag, dann sogar bis Samstag. So sehr wir uns normalerweise von der Wettervorhersage lossagen wenn es um das Ablegen geht – seltsamerweise glauben wir dem Windorakel diesmal ohne zu zweifeln. Als sich dann schon am Donnerstag ein Fenster öffnet, um den Hafen völlig entspannt zu verlassen, sind wir einfach nicht vorbereitet: Unsere Wäsche ist noch nicht trocken. Der Dreck der ersten Wochen türmte sich nämlich mittlerweile unter der Vorschiffs-Koje. Auch nicht ganz unwichtig: Der Zahlautomat für die Maschine ist defekt und so kann man kostenlos waschen. Da sind wir wohl nicht die Einzigen, die das nutzen wollen. Und so wartet unsere Tasche brav in einer Schlange, bis sie an der Reihe ist.

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Allinge (linge ding dong)

Zitat: „Mal sehen, ob wir auch dort ankommen.“ Derart verheißungsvoll beendet man einen Blogartikel nicht einfach ohne Grund. Damit sich jetzt aber keiner übermäßig sorgt: Wir sind am Leben! Ganz dicht dran sogar! Aufgrund mangelnden Windes sind wir letztlich nur halt nicht in Gudhjem gelandet. Das hatte ich schon im Urin, denn eigentlich sagt die Wettervorhersage nur vorher, was auf keinen Fall passieren wird. Also haben wir bei der Rundung der Nordspitze von Bornholm so was von überhaupt keinen Wind, dass sogar ein kleiner Dragonfly-Trimaran an unserer flügellahmen ‚EntenArt‘ im Zwei(viertel)Takt vorbeiknattern muss.

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Sommersegeln

Gestern gab es tatsächlich das erste Mal kompromissloses Sommersegeln. Das ist ja meist mit lauen Lüftchen verbunden, so auch gestern. Das bewegte Nichts kam glücklicherweise aus südwestlichen Richtungen und wir konnten unseren Liegeplatz in Rønne ohne Einsatz fossiler Relikte urzeitlicher Lebewesen verlassen – das ist immer ein sehr schönes Gefühl. Geht der erste Teil des Tages noch mit schlagenden Segeln und 1-2 kn Fahrt vorüber, brist es langsam auf und dreht noch weiter südlich, so dass wir wieder unseren weissen Schmetterling flattern lassen können. Wir wollen nämlich nördlich entlang der Küste nach Hammershavn.

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Rønne gönne!

Der ursprüngliche Plan war, heute noch loszubinden und ein kleines Stück die Küste hochzusegeln. Na ja, nichts ist konstanter als die Änderung. Wir gönnen uns also noch ein wenig Rønne. (Im Übrigen jetzt im neuen Menüpunkt ‘Letzte Position’ zu sehen!) Waren Einkaufen in einem Supermarkt namens ‘Kvickly’, was bei uns aber gar nicht so schnell ging. Anschliessend haben wir einen ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt gemacht – an dessen Ende wir leider verstellen mussten, dass wir in Wirklichkeit um das Zentrum herum statt hindurch gelaufen waren. Und so menschenleer wie auf den Fotos war es auch nicht. Helene und Lini haben danach den Spielplatz am Hafen unsicher gemacht – soweit das in der Sonnenhitze ging – während ich ein paar kleinere Baustellen am Boot erledigt und Abendessen gekocht habe. Zum Abschluss ist wirklich frühes Zu-Bett-Gehen geplant – ob das aber etwas wird ist ungewiss: Offensichtlich beginnt um 21 Uhr ein Open-Air-Konzert einer ‘Pink Floyd’-Coverband – der Soundcheck klang vom Hafen aus sehr vielversprechend. Falls wir also nicht zum frühen Schlafen kommen, ist zumindest die Unterhaltung gesichert.

Schaukelpartie

Am Donnerstag früh um halb sechs klingelt der Wecker. “Seltsame Sache. Im Urlaub früher aufstehen, als Helene es vorgibt. Und das auch noch freiwillig”, denke ich mir. Ja, tatsächlich haben wir lange hin- und herüberlegt, ob wir nicht sogar nachts losfahren. Man bedenke: Rumpfgeschwindigkeit der ‘EigenArt’ liegt so bei knapp 6 Knoten – also selbst im Optimalfall mindestens 11 Stunden für die ca. 70 sm bis nach Bornholm. Und mit dem Optimalfall rechnet man ja nicht. Selbst wenn er weitestgehend angesagt ist: Ordentlich viel, aber nicht zuviel von hinten!

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Hiddensee

Nach dem Ritt von Hohe Düne nach Hiddensee am Freitag, bleibt vom Samstag nicht viel übrig: Schlaf nachholen, Klamotten trocknen, Boot und Ausrüstung klarieren und natürlich ganz viel Helene. Wir danken Uwe für die Leihgabe: Das Cockpitzelt erweitert beim nachmittäglichen Gewitterregen die Lebensqualität doch gewaltig.

Für Sonntag haben sich Opa Manni und Oma Loni angekündigt – ein gemeinsames Frühstück an Bord zeigt mal wieder, dass die ‘EigenArt’ ein Raumwunder ist. Anschliessend geht es über den Deich nach Vitte und zurück. Kurz vor dem Abschied von den Großeltern überlegt sich Helene doch spontan ihre ersten Schritte am Lauflernwagen zu machen – nur Mama ist nicht dabei! Nach dem Winken zeigt Helene noch bestimmt zehn Minuten traurig und fragend in die Richtung, wo das Fahrgastschiff Oma und Opa hingetragen hat.

Der Aufenthalt auf Hiddensee bringt eine besondere Überraschung: Wir lernen Frederike, Vroni und Robert kennen. Frederike ist ziemlich genau 2 Stunden jünger als Helene und wohnt auf dem Boot neben uns. Mit solchen Begegnungen hatten wir eigentlich erst in Schweden gerechnet, sind in Deutschland doch schon überhaupt segelnde junge Leute rar – geschweige denn junge Eltern. Wir verbringen tolle Tage mit ganz viel Erfahrungsaustausch zwischen segelnden Eltern, gemeinsamen Spielen und abendlichem Seglergarn. Da fällt es uns überhaupt nicht schwer, unseren Aufenthalt tageweise zu verlängern.

Doch nun soll es losgehen: Am Donnerstag früh werfen wir die Leinen los mit dem Ziel Bornholm. Wenn nicht unterwegs mal wieder etwas anders kommt…

Naturgewalten

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Der Mensch denkt, doch die Natur lenkt. Das durften wir gleich zu Beginn des Törns wieder einmal erfahren. Am Freitag haben wir gegen 11 Uhr Hohe Düne mit dem Ziel Darßer Ort verlassen. Im Gepäck hatten wir eine Wettervorhersage mit viel Sonne und 2-3 Windstärken aus Südost. Soweit, so gut. Wer das Revier ein wenig kennt, stutzt schon einmal, denn ein leichter Gradient-Wind aus der vorhergesagten Richtung steht der Thermik genau entgegen, die sich im Verlauf des Vormittags aufbaut. Das ist ein Garant für sehr unbeständige Winde bis sich zum frühen Nachmittag meist der Seewind durchsetzt, also eher aus NW.

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